

Er trägt, stabilisiert, federt ab – und doch schenken ihm viele Frauen erst Beachtung, wenn
Beschwerden auftreten: der Beckenboden. Auch für Läuferinnen ist er ein zentrales Kraftzentrum. Egal ob du gerade mit dem Laufen
beginnst, nach einer Schwangerschaft zurückkommst oder schon regelmässig 10 km oder
Halbmarathon läufst: Ein funktioneller Beckenboden ist entscheidend, um leichtfüssig, stabil und
mit Freude unterwegs zu sein.
In diesem Beitrag erfährst du, warum der Beckenboden beim Laufen eine Schlüsselrolle spielt,
wie sich verschiedene Lebensphasen auf ihn auswirken, welche Trainingsmythen du getrost
vergessen kannst und wie du ihn gezielt in dein Lauftraining integrierst.
Darum ist der Beckenboden beim Laufen so wichtig
Anatomisch betrachtet bildet der Beckenboden den muskulären Abschluss des knöchernen
Beckens und verschliesst die unteren Körperöffnungen. Über feine Bindegewebsstrukturen
(Faszien) ist er mit umliegenden Muskeln und Gewebe verbunden – so entsteht eine
funktionelle Einheit, die bei jeder Bewegung, jeder Gewichtsverlagerung und jedem Atemzug
mitarbeitet.
Laufen ist eine High Impact Sportart und durch die Bodenreaktionskraft gibt es eine Belastung
für den Bewegungsapparat und besonders auch für die Körpermitte (Bérubé & McLean, 2024).
Um diese Kräfte abzufedern, muss der Beckenboden elastisch, kraftvoll und reaktionsfähig sein.
Ist der Beckenboden zu schwach, verspannt oder in seiner Funktion eingeschränkt, kann das zu
Beschwerden führen – zum Beispiel:
- Belastungsinkontinenz
- Druck- oder Schweregefühl im Becken oder in der Vagina
- Verspannungen im unteren Rücken
Doch auch ohne akute Symptome lohnt sich gezieltes Beckenbodentraining: Ein funktioneller
Beckenboden schützt vor Überlastung und sorgt für ein stabiles, kraftvolles und leichtes
Laufgefühl.
Wie verändern sich die Anforderungen an den Beckenboden im Laufe des Lebens?
Laufen begleitet viele Frauen durch unterschiedliche Lebensphasen – und die Anforderungen
an den Beckenboden verändern sich stetig. Umso wichtiger ist es, ihn gezielt zu unterstützen.
Bei jungen Frauen und Sportlerinnen steht der Beckenboden oft nicht im Fokus, obwohl
Sportarten wie Laufen oder Volleyball ihn stark beanspruchen. Studien zeigen, dass selbst
Frauen ohne Schwangerschaft und Geburt (nullipare Sportlerinnen) von Belastungsinkontinenz
betroffen sein können (Joseph et al. 2021). Präventives Training und gute Aufklärung sind daher
essenziell – nicht erst bei Beschwerden.
Während der Schwangerschaft trägt der Beckenboden das zunehmende Gewicht von
Gebärmutter, Baby und Plazenta. Gleichzeitig verändert sich das Bindegewebe hormonell
bedingt – das kann die Stabilität im Beckenbereich beeinflussen. Beschwerden wie Inkontinenz
sind keine Seltenheit. Wer bereits während der Schwangerschaft betroffen ist, hat ein erhöhtes
Risiko für spätere Beckenbodenbeschwerden (Siahkal 2020) – gezieltes, angepasstes Training
lohnt sich daher doppelt.
Nach der Geburt braucht der Beckenboden Zeit zur Regeneration – unabhängig davon ob
vaginale Geburt oder Bauchgeburt (Kaiserschnitt). Beschwerden wie Inkontinenz, Druckgefühl
oder Symphysenschmerzen können über die Rückbildungszeit hinaus bestehen. Laut der
aktuellen Konsenserklärung von Christopher et al. (2024) wird empfohlen, schrittweise mit
einem Wechsel von Lauf- und Walkingabschnitten ins Laufen zurückzukehren. Dabei sollten
medizinische und psychologische Aspekte, die aktuelle körperliche Leistungsfähigkeit sowie die
Trainingshistorie berücksichtigt werden. Vorbereitendes Beckenboden- und Krafttraining sind
ebenfalls wichtig.
In der Perimenopause und (Post-)Menopause wirkt sich der sinkende Östrogenspiegel auf
das Bindegewebe aus und Muskelmasse nimmt ab – auch im Beckenboden. Inkontinenz oder
Senkungsgefühle treten in dieser Phase häufiger auf. Umso wichtiger ist es, frühzeitig
gegenzusteuern und präventiv sowohl die Körpermitte als auch den gesamten
Bewegungsapparat zu stärken.
Ob jung, schwanger, frisch gebackene Mutter oder in den Wechseljahren –
Beckenbodentraining lohnt sich in jeder Lebensphase: Für ein beschwerdefreies Laufen
und für Lebensqualität im Alltag.
Schluss mit den Beckenboden-Mythen: Was stimmt wirklich?
„Inkontinenz nach der Geburt ist normal.“
Fakt: Drei Monate nach der Geburt ist etwa jede dritte Frau betroffen – doch nur weil etwas
häufig ist, ist es nicht normal. Beschwerden wie Inkontinenz sind ein Zeichen, dass der Körper
Unterstützung braucht. Der erste Schritt ist, sie ernst zu nehmen und Hilfe (z.B.
Beckenbodenphysiotherapie) in Anspruch zu nehmen. Denn es kann besser werden – und zwar
nachhaltig!
„Ich muss den Beckenboden beim Laufen bewusst anspannen.“
Falsch. Viele Frauen spannen aus Angst vor Inkontinenz oder Senkungsbeschwerden beim
Laufen ihren Beckenboden dauerhaft an. Doch das ist nicht hilfreich. Der Beckenboden arbeitet
beim Laufen reflektorisch – also automatisch ohne bewusste Ansteuerung. Dauerspannung
nimmt ihm die nötige Elastizität, um Stossbelastungen abzufedern. Das kann zu
Verspannungen und Funktionsstörungen führen. Gezieltes Training verbessert die Koordination
– damit der Beckenboden im richtigen Moment anspringt und auch wieder loslassen kann.
„Beckenbodentraining ist langweilig und hat mit Laufen nichts zu tun.“
Im Gegenteil: Ganzheitliches Beckenbodentraining kann dynamisch, vielseitig und richtig
fordernd sein – mit Sprüngen, Reaktionsübungen und funktionellen Bewegungen. Richtig
eingesetzt, verbessert es sogar deine Lauftechnik.
Studien (z. B. Crawford et al., 2016) zeigen: Die Muskelaktivität des Beckenbodens ist höher,
wenn er in Verbindung mit funktionellen Übungen wie beispielsweise Squats oder
Ausfallschritten trainiert wird. Du musst also nicht still sitzen und atmen – du darfst dich
bewegen!
Beckenbodenpower beim Laufen – so integrierst du Beckenbodentraining
Für ein effektives Lauftraining braucht es mehr als Kilometer und Tempo: Deine Körpermitte
spielt eine Schlüsselrolle. Und der Beckenboden ist ihr Fundament. Eine stabile
Rumpfmuskulatur, ein ökonomischer Laufstil und ein bewusster Umgang mit deiner Haltung
entlasten den Beckenboden.
5 Tipps, wie du das Beckenbodentraining in deine Lauftraining Routine integrieren kannst:
- Starte mit einem smarten Warm-up: Ein gezieltes Aufwärmen, das Beckenboden,
Rumpf und Gesäss aktiviert, bereitet deinen Körper optimal auf die Laufbelastung vor.
Du startest dadurch stabiler, effizienter und mit mehr Power. - Trainiere die Mitspieler des Beckenbodens: Der Beckenboden arbeitet nicht isoliert.
Kräftige deine Rumpf-, Bein-, Gesäss- und Hüftmuskulatur regelmässig – sie
unterstützen ihn funktionell bei jedem Schritt. - Vergiss deine Füsse nicht: Aktive, bewegliche und kräftige Füsse verbessern nicht nur
deine Lauftechnik und Haltung, sondern wirken sich auch positiv auf die
Beckenbodenaktivität aus. - Integriere Balanceübungen: Beim Laufen bist du immer nur mit einem (zwischendurch
mit keinem) Fuss auf dem Boden. Das braucht eine gute Stabilität. Balanceübungen –
zum Beispiel auf instabilen Unterlagen oder einfach barfuss im Alltag – fordern Bauch-,
Rücken- und Beinmuskeln, die über Faszien mit dem Beckenboden verknüpft sind. So
trainierst du ihn ganz nebenbei mit. - Unterschätze nicht die Entspannung des Beckenbodens: Nur ein Muskel, der sich
entspannen kann, kann auch kraftvoll aktivieren. Nimm dir regelmässig Zeit für gezielte
Beckenboden-Entspannung – etwa in der Child’s oder Pigeon Pose.
Ein funktioneller Beckenboden ist kein Nice-to-have, sondern ein echter Performance-Booster
für Läuferinnen. Er sorgt für innere Stabilität, schützt dich vor Überlastung und gibt dir ein gutes
Gefühl im Körper. Egal ob du gerade erst mit dem Laufen beginnst, nach einer Pause
zurückkehrst oder dein Training auf das nächste Level bringen willst – dein Beckenboden läuft
mit.
Nimm dir Zeit, dich mit ihm vertraut zu machen. Denn eines ist sicher: Es ist nie zu früh und nie
zu spät, um deinen Beckenboden zu trainieren. Für mehr Leichtigkeit, mehr Kraft – und mehr
Freude beim Laufen.
Hinweis neues Laufprogramm:
Beckenboden-Power fürs Laufen: Dein Schritt-für-Schritt-Plan für mehr Stärke und
Wohlbefinden mit Start am 5. Mai 2025 (aktuell Warteliste hier
ab 25.4 wird Verkaufsseite online sein).
Du willst (wieder) ins Laufen einsteigen – oder deine bestehende Laufpraxis gezielt
stärken? Egal ob du gerade erst wieder mit dem Laufen beginnst, schon längere Distanzen wie
10 km oder Halbmarathon läufst oder einfach beschwerdefrei unterwegs sein möchtest:
Dieses Programm verbindet Lauf- und Beckenbodentraining mit einem abwechslungsreichen
Programm – praxisnah, fundiert und motivierend.
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